Ob ein Obstbaum z.B. ein Apfelbaum Früchte trägt oder nicht, darauf haben Sie durchaus Einfluss. Ich nenne Ihnen zum einen Gründe, warum ein Obstbaum / Apfelbaum keine Früchte trägt und sage Ihnen außerdem, was getan werden kann, damit Sie sich über viele Früchte freuen könnt.
Der Obstbaum / Apfelbaum trägt nicht – 10 Gründe
Nach diesem nur wenig versteckten Eigenlob (sorry, das brauchen Gärtner einfach in der Hochsaison) möchte ich systematisch die Gründe aufzählen und erklären, warum denn Bäume keine Früchte tragen können. Ich bin auf 10 solche Gründe gekommen, aber ganz sicher gibt es noch mehr. Es gibt tatsächlich Dinge zwischen Himmel und Erde (und genau da sind ja auch die Bäume angesiedelt), die wir nicht erklären können. Obstbäume sind eigensinnig, geben manchmal auch Rätsel auf… Aber wenn Ihr Baum keine Früchte trägt, wird der Grund dafür fast sicher in meiner Sammlung zu finden sein. Und bittebitte, lassen Sie sich von den vielen Möglichkeiten des Misserfolgs nicht abschrecken, danach werden wir wieder zum Erfolg, zur erfolgreichen Fruchternte zurückkehren.
1. Der Baum hat noch nicht geblüht. Ja genau, dann kann er natürlich auch keine Früchte tragen… Wenn ich Kunden, die das Ausbleiben der Früchte beklagen, nach der Blüte frage, ernte ich oft nur Achselzucken. Die Blüte haben sie irgendwie verpasst. Dabei ist die Frage nach der Blüte eine entscheidende Frage. Denn wenn der Baum geblüht hat, kann der Grund für das Ausbleiben der Früchte ganz schnell eingegrenzt werden. Aber gemach gemach, zuerst bleiben wir bei den nicht blühenden Bäumen.
2. Der Obstbaum blüht nicht und der Obstbaum trägt nicht, weil er zu jugendlich, zu juvenil ist. Das ist bei einigen wenigen, meist älteren Sorten systematisch der Fall, z.B. bei Gravensteiner und der Zwetschge Fellenberg. Die pubertieren manchmal ewig, und wollen nicht erwachsen und fruchttragend werden. Übrigens gilt das auch für alle Obstsämlinge: Wenn Sie Fruchtsamen aussäen und dann hoffnungsvoll auf die Früchte warten, brauchen Sie nicht selten zwischen 6 und 10 Jahren Geduld. Die Sämlinge müssen sich erst mal auswachsen, müssen die Juvenilität hinter sich lassen, bevor sie geschlechtsreif werden. Wir wissen, Erwachsen werden kann dauern. Ganz häufig findet man diesen Verspätungseffekt auch bei alten Sorten, die ja für die Erziehung von Hochstämmen ausgelesen wurden. Ein Hochstamm muss zu Beginn vor allem einmal wachsen, er sollte keine Früchte tragen, sondern mit seinem Hyperwachstum die Erziehung einer stabilen und 100 Jahre lang funktionierenden Krone ermöglichen. Und da muss halt der Fruchtertrag zu Beginn im Hintergrund bleiben. Fruchtansatz und Triebwachstum konkurrenzieren sich gegenseitig.
3. Der Baum blüht nicht, weil er wie verrückt wächst. Im ersten Punkt habe ich ja schon Sorten erwähnt, eben ältere, ursprünglich für die Hochstammkultur ausgewählte Varietäten, die systematisch zuerst vor allem einmal wachsen. Aber dieses Wachstum kann auch menschengemacht sein. Bei allen Obstbäumen sehen wir die Konkurrenz zwischen vegetativem und generativem (Blüten-)Wachstum. Wenn ein Baum sehr stark wächst, wird er weniger, manchmal fast keine Blüten ansetzen.
4. Der Obstbaum blüht nicht und der Obstbaum trägt nicht weil er übermässig gedüngt oder extrem stark geschnitten worden ist und nun entsprechend mit Wildwuchs reagiert. Da bleibt keine Kraft, kein Gedanke für die Blüte. Der Baum fühlt sich so vital und viril, dass er vorläufig – und sozusagen wider die Natur – auf die Erzeugung von Nachkommen verzichtet.
5. Ich wollte auf den Punkt schon verzichten, weil er nicht ganz fair ist, aber ich kann nicht widerstehen: Wenn Sie Ihren Baum von Galabau-Betrieb schneiden lassen, besteht auch eine gewisse Chance, dass er nicht oder zu wenig fruchtet. Gartenbauer tendieren dazu, Bäume zu stark und nach irgendwelchen ästhetischen Massstäben zu schneiden, die vor allem neues Wachstum fördern. Das folgt natürlich auch einer ökonomischen Logik: Man wird totsicher auch nächstes Jahr wieder zum Baumschnitt gerufen. Und am Obstbaum ohne Früchte ist natürlich der Baum, das Klima, der Boden, das Jahr, das Baumalter und schlimmstenfalls der Lehrling schuld.
6. Und jetzt kommen wir zu den Bäumen, die blühen und dennoch keine oder zu wenig Früchte tragen. Das kann eine ganz einfache und logische Ursache haben: Der Baum hat geblüht und die Blüte ist erfroren. Wie schon erwähnt wird die Obstblüte, so spektakulär sie ist, häufig übersehen. Der Baum blüht, ganz einsam und alleine, und natürlich sieht dann auch niemand den Frostschaden. Und alle sind überrascht, wenn der Obstbaum ohne Früchte bleibt. Vielleicht weiss Lubera® ja Rat 😉
Bild: Apfelbaum in voller Blüte
7. Wenn Obstbäume blühen und keine Früchte tragen, dann liegt es häufig an der Befruchtung. Sie hat halt nicht stattgefunden. Wobei die Frage nach dem Befruchter auch eine regelrechte gärtnerische Obsession ist, die eigentlich viel zu häufig diskutiert wird. Ein englischer Gärtner z.B. fragt lange vor der Diskussion der Sorteneigenschaften und des Geschmacks nach dem passenden Befruchter. Da ist irgendwie das Vertrauen in die Natur abhanden gekommen. Auch der Pflanzensex muss organisiert sein. Die richtige Überlegung dabei: Ein schöner Teil der Obstbäume, vor allem das Kernobst ist selbstUNfruchtbar, braucht also einen Befruchter, die Befruchtung funktioniert nur mit dem Pollen einer anderen Sorte. Eine ganz natürliche und in der Natur vorteilhafte Eigenschaft, weil sie die Vielfalt fördert (im Gegensatz zur Selbstbefruchtung, zur Inzucht). Und wenn keine Befruchter, also keine anderen Sorten vorhanden sind, dann gibt es auch einen Obstbaum ohne Früchte. Man muss hier aber gleich einschränkend festhalten, dass sich das Problem bei Kernobst eigentlich fast nie zeigt, weil die Insekten in der Blütezeit immer genug Apfel- und Birnenpollen auf sich tragen. Das natürliche Resultat der Fremdbefruchtung, die Diversität, fördert wiederum die Diversität. Ein wahrlich schöner Regelkreis! Bei etwas seltener oder nur regional gepflanzten Obstarten wie Kirschen, Zwetschgen und teilweise auch Aprikosen führt die Selbstunfruchtbarkeit dagegen häufiger zu Ertragsausfällen. Da ist dann die Frage nach dem Befruchter berechtigt.
8. Wenn der Baum blüht und auch ein Befruchtungsversuch stattfindet, ist es noch lange nicht sicher, ob Früchte entstehen: Ist zum Beispiel bei Birnen nach der Befruchtung das Wetter sehr nass und zu kalt, kann der Pollenschlauch nicht in die Blüte hineinwachsen, die eigentliche Befruchtung fällt aus, die Frucht ebenso. Gerade Birnen können auf solche Situationen eigenwillig reagieren, und dann doch noch – sozusagen zum Trotz – Früchte ansetzen, sogenannte parthenokarpe Früchte wie z.B. die langgezogenen, kernenlosen Conference, die Sie alle paar Jahre auch im Supermarkt finden. Parthenokarpe Früchte wachsen keusch, ohne Befruchtung.
9. Im Juni entscheidet die Fruchtpflanze, ob sie ihre Früchte überhaupt ernähren kann, wie viele erwünscht sind, und lässt dann im Junifruchtfall den Überschuss einfach fallen. Das löst regelmässig Alarmzustände bei Hobbygärtnern und bei uns eine Mailwelle aus, ist aber eine logischer Regulierungsmechanismus. Übrigens kann die Pflanze – aus unserer ziemlich beschränkten Sicht – auch mal falsch, sozusagen im Stress entscheiden und alle Früchte fallen lassen. Allerding ist so eine Fehlreaktion eher selten, da sich das System Baum im Zweifelsfall eher fürs Leben, für die Fortpflanzung der Art entscheidet und unter Todesnot und Todesdrohung eher noch mehr Früchte ansetzt. Der Hochstammkrüppel, der nächstes Jahr das Zeitliche segnen wird, setzt im letzten Lebensjahr nochmals unzählige Früchte an… Wenn also ein jüngerer Baum streikt, hat er meist seine guten, uns aber leider nicht immer zugänglichen Gründe.
10. Das ist jetzt zugegebenermassen etwas weit hergeholt, aber irgendwie müssen die 10 Gründe ja auch voll werden. Essbare Früchte werden zur reinen Zierde. Ernte und Genuss fallen aus. Lassen Sie mich etwas weiter ausholen: Seit einigen Jahren fragen mich Kunden allen Ernstes, ob man denn die wunderschönen Zitrusfrüchte an den Zitrusbäumchen wirklich essen könne. Die Frucht wird also in der postgärtnerischen Gesellschaft zu einer Zierde, so wie der Apfel am Weihnachtbaum zu einer Glaskugel geworden ist. Wobei ein Unterschied bleibt: In die Zitrone kann ich zur Not noch beissen, den Saft der Orange doch noch geniessen, die Schale der Kumquat zerbeissen – bei der Weihnachtskugel ist das nicht unbedingt anzuraten… Um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich kann und soll man die Zitrusfrüchte essen und geniessen! Bei den Früchten müssen wir uns nicht mühsam und unter Zuhilfenahme lebenslanger Erfahrung zwischen Gutem und Schönem entscheiden, wir bekommen gratis und franko beides. Früchte sind schön UND gut. Das sollte nicht vergessen gehen.
Ob ein Obstbaum / Apfelbaum trägt oder nicht, darauf hat der Gärtner durchaus Einluss
Das waren jetzt ziemlich viele Gründe, warum ein Baum keine Früchte tragen mag, eigentlich viel zu viele. Man muss sich bei all diesen Schreckensszenarien (Frost, Hagel, Trockenheit, Senilität, fehlender Sex, keine Befruchter, die Missachtung der Menschen) schon ziemlich wundern, dass Obstbäume trotzdem in den meisten Fällen Früchte tragen. Nur wenn man vom Gegenteil, vom Fruchtausfall her denkt, weiss man das Wunder der Frucht richtig zu schätzen. – Aber natürlich hat der Gärtner auch einige Einflussmöglichkeiten, die richtig dosiert eingesetzt durchaus erfolgreich sein können und den nicht-fruchtenden Baum zum Fruchten bringen. Schreiten wir also zur Tat, bringen wir den faulen, pflichtvergessenen Baum zum Arbeiten, zum Fruchten!
8 Tipps, damit Ihr Obstbaum endlich Früchte trägt
1. Nicht schneiden, vor allem dann nicht, wenn der Baum nicht, noch nicht oder nicht mehr blüht.
2. Nicht düngen, vor allem dann nicht, wenn der Baum sehr stark wächst und nicht oder nur zögerlich blüht.
3. Warten, geduldig sein, das ist sowieso die Kardinalstugend für Gärtner. Geduld bringt Früchte. Die Geduld des Gärtners sollte grundsätzlich gleich gross oder grösser sein als die Geduld der Bäume. Das ist nicht ganz einfach.
4. Sorry an die Liebhaber alter Sorten…. Aber pflanzen Sie eher moderne neue resistente Züchtungen als alte Sorten. Letztere sind (siehe oben) für den Anbau auf Hochstamm gezüchtet worden, und da ist der anfänglich starke Wuchs ebenso wichtig wie der Fruchtertrag. Ohne starke Äste können die tonnenweise hängenden Früchte gar nicht gehalten werden.
5. Pflanzen Sie Bäume auf schwachwachsenden Unterlagen, Quitte z.B. bei der Birne, und M9 beim Apfel. Nein, ein solcher Baum hat bei der Pflanzung keinen armdicken Stamm, aber dafür trägt er sofort Früchte…
6. Her mit den Befruchtern! Seien Sie sich nicht zu schade, Kupplerdienste zu verrichten. Blüten ohne Früchte deuten doch meist auf fehlende und ungenügende Befruchtung hin. Gibt es Insekten, fliegen genügend Bienen und wo sollen diese fleissigen Helfer den passenden Pollen holen? Die Lösung dieses Problems ist meist ganz einfach: Schneiden Sie bei einem Gartenfreund oder Nachbarn einige Blütentriebe einer anderen Sorte (der gleichen Obstart), stellen Sie sie in einem Wasserkübel neben den unbefruchteten Baum.
7. Mens sana in corpore sano – heisst es bei den Menschen. Das gilt auch für den Obstbaum: Zur sicheren natürlichen Fortpflanzung und damit zum regelmässigen Fruchtertrag ist er nur fähig, wenn er einigermassen gesund ist. Also halten Sie Ihren Baum vital – und er wird zuverlässig Früchte tragen. Achtung: Mehr gibt hier nicht automatisch mehr, Überdüngung und zu starker Schnitt bewirken im Gegenteil Wildwuchs und Ertragsausfall – aber das haben wir ja schon besprochen.
8. Obstbaum trägt nicht – wenn alles nichts zu nützen scheint, wenn der Baum einfach und ums Verrecken nicht Früchte tragen will? Dann erinnern wir uns an die Brutalmethode, die die Araber an ihren Zitrusbäumen schon vor mehr als 1000 Jahren praktizierten: Schimpfen Sie mit dem Baum, drohen Sie ihm mit dem bald bevorstehenden unnatürlichen Tod, zücken Sie Messer, Axt und Motorsäge – und seien sie (fast) sicher, er wird sich seinen Fruchtstreik nochmals überlegen und in Todesangst doch endlich Blüten ansetzen! Wer sich eine solche fingierte, aber doch unbedingt echt wirkende Morddrohung nicht zutraut, der muss halt zur Tat schreiten und dem Baum wirklich ans Lebendige gehen, aber nur ein bisschen: Abgestochene Wurzeln, mit Draht strangulierte Stämme wirken fast gleich gut wie die vor dem Baum gehaltene Brand- und Drohrede.
FAQ – die wichtigsten Fragen und Antworten zu Obstbaum trägt nicht
Warum trägt mein Obstbaum nicht?
Es gibt verschiedene Gründe dafür, warum ein Obstbaum nicht trägt. Zum einen kann es schlichtweg daran liegen, dass er noch zu jung ist und/oder zu schnell wächst. Zum anderen sind Pflegefehler ursächlich für ein Ausbleiben der Früchte: zu viel Dünger, ein zu massiver oder falscher Schnitt. Auch das Wetter spielt eine Rolle: Blüten können erfroren sein, junge Früchte vertrocknet oder verfault – je nach Witterung.
Obstbaum trägt nicht nach dem Schneiden. Warum?
Erin gutgemeinter Schnitt kann bei Obstbäumen leider das genaue Gegenteil von dem hervorrufen, was man eigentlich möchte: starkes Triebwachstum, bevorzugt von Wildtrieben, dafür keine oder nur spärliche Blütenbildung.
Was hilft, wenn Obstbaum kaum noch Früchte trägt?
Genau wie eine Überdüngung kann auch das Gegenteil dazu führen, dass ein Obstbaum nicht mehr trägt: Nährstoffmangel. Wurde das betreffende Bäumchen längere Zeit nicht gedüngt, so sollte dies schnellstmöglich nachgeholt werden.
Warum trägt mein Apfelbaum trotz Blüte nicht?
Ein Obstbaum, der fleissig Blüten hervorbringt, aber keine Früchte bildet, ist in der Regel kein Selbstbefruchter. Dies bedeutet, dass er ein anderes Bäumchen seines Genres in der Nähe haben muss, damit es zur Fruchtbildung kommen kann.
Warum blüht mein Obstbaum nicht?
Wenn es sich um einen jungen Obstbaum handelt, so ist dieses Verhalten vollkommen normal. Bei älteren Exemplaren besteht die Gefahr, dass die Knospen durch Spätfröste erfroren sind und sich somit nicht zu Blüten entwickeln können.