Zusammenfassung: Hilfe, unser Obstbaum trägt nicht
Ob ein Obstbaum, beispielsweise ein Apfelbaum, Früchte trägt oder nicht, darauf haben Sie durchaus Einfluss. Ich werde Ihnen einerseits Gründe nennen, warum ein Obstbaum bzw. Apfelbaum keine Früchte trägt, und andererseits aufzeigen, was getan werden kann, damit Sie sich über reiche Fruchterträge freuen können.
Warum unsere Bäume schneller Früchte tragen
Natürlich ist das für einen Luberaner ein gefundenes Fressen: Unsere Bäume tragen – der andere Obstbaum trägt nicht. Und das ist wirklich (Gärtnerehrenwort!) recht häufig der Fall, auch wenn es natürlich Ausnahmen gibt. Wir erhalten auch Kundenanfragen zum Thema „Obstbaum trägt nicht“, jedoch weniger häufig. Bei der Züchtung, der Sortenauswahl, der Kultivierung, der Baumerziehung und der Wahl der Unterlage treffen wir stets Entscheidungen, die für einen schnelleren und besseren Fruchtansatz sorgen, und damit oft auch gegen stärker wachsende, größere Jungbäume. Größe ist bei einem Obstbaum nicht unbedingt besser – eher das Gegenteil ist der Fall. Ein Apfelbaum auf einer stark wachsenden Unterlage mag im Gartencenter imposanter erscheinen, wird jedoch in den ersten Jahren kaum Früchte tragen, da er nur weiter in die Höhe wächst. Unsere Bäumchen auf M9 oder insbesondere die einjährigen Easytrees® tragen in der Regel sofort, manchmal sogar schon im Pflanzjahr oder sicherlich im darauf folgenden Jahr. Unfälle und Verbrechen sind ausgeschlossen, vor denen natürlich auch unsere Bäume nicht gefeit sind.
Der Obstbaum / Apfelbaum trägt nicht – 10 Gründe
Nach diesem nur wenig versteckten Eigenlob (Entschuldigung, Gärtner brauchen das einfach in der Hochsaison), möchte ich systematisch die Gründe aufzählen und erklären, warum Bäume keine Früchte tragen können. Ich bin auf 10 solche Gründe gekommen, aber ganz sicher gibt es noch mehr. Es gibt tatsächlich Dinge zwischen Himmel und Erde (und genau da sind ja auch die Bäume angesiedelt), die wir nicht erklären können. Obstbäume sind eigensinnig, geben manchmal auch Rätsel auf… Aber wenn Ihr Baum keine Früchte trägt, wird der Grund dafür fast sicher in meiner Sammlung zu finden sein. Und bittebitte, lassen Sie sich von den vielen Möglichkeiten des Misserfolgs nicht abschrecken, danach werden wir wieder zum Erfolg, zur erfolgreichen Fruchternte zurückkehren.
- Der Baum hat noch nicht geblüht. Ja genau, dann kann er natürlich auch keine Früchte tragen… Wenn ich Kunden, die das Ausbleiben der Früchte beklagen, nach der Blüte frage, ernte ich oft nur Achselzucken. Die Blüte haben sie irgendwie verpasst. Dabei ist die Frage nach der Blüte eine entscheidende Frage. Denn wenn der Baum geblüht hat, kann der Grund für das Ausbleiben der Früchte ganz schnell eingegrenzt werden. Aber gemach gemach, zuerst bleiben wir bei den nicht blühenden Bäumen.
- Der Obstbaum blüht nicht und der Obstbaum trägt nicht, weil er zu jugendlich, zu juvenil ist. Das ist bei einigen wenigen, meist älteren Sorten systematisch der Fall, z.B. bei Gravensteiner und der Zwetschge Fellenberg. Die pubertieren manchmal ewig und wollen nicht erwachsen und fruchttragend werden. Übrigens gilt das auch für alle Obstsämlinge: Wenn Sie Fruchtsamen aussäen und dann hoffnungsvoll auf die Früchte warten, brauchen Sie nicht selten zwischen 6 und 10 Jahren Geduld. Die Sämlinge müssen sich erst mal auswachsen, müssen die Juvenilität hinter sich lassen, bevor sie geschlechtsreif werden. Wir wissen, Erwachsen werden kann dauern. Ganz häufig findet man diesen Verspätungseffekt auch bei alten Sorten, die ja für die Erziehung von Hochstämmen ausgelesen wurden. Ein Hochstamm muss zu Beginn vor allem einmal wachsen, er sollte keine Früchte tragen, sondern mit seinem Hyperwachstum die Erziehung einer stabilen und 100 Jahre lang funktionierenden Krone ermöglichen. Und da muss halt der Fruchtertrag zu Beginn im Hintergrund bleiben. Fruchtansatz und Triebwachstum konkurrenzieren sich gegenseitig.
- Der Baum blüht nicht, weil er wie verrückt wächst. Im ersten Punkt habe ich ja schon Sorten erwähnt, eben ältere, ursprünglich für die Hochstammkultur ausgewählte Varietäten, die systematisch zuerst vor allem einmal wachsen. Aber dieses Wachstum kann auch menschengemacht sein. Bei allen Obstbäumen sehen wir die Konkurrenz zwischen vegetativem und generativem (Blüten-)Wachstum. Wenn ein Baum sehr stark wächst, wird er weniger, manchmal fast keine Blüten ansetzen.
- Der Obstbaum blüht nicht und der Obstbaum trägt nicht, weil er übermäßig gedüngt oder extrem stark geschnitten worden ist und nun entsprechend mit Wildwuchs reagiert. Da bleibt keine Kraft, kein Gedanke für die Blüte. Der Baum fühlt sich so vital und viril, dass er vorläufig – und sozusagen wider die Natur – auf die Erzeugung von Nachkommen verzichtet.
- Ich wollte auf den Punkt schon verzichten, weil er nicht ganz fair ist, aber ich kann nicht widerstehen: Wenn Sie Ihren Baum von einem Galabau-Betrieb schneiden lassen, besteht auch eine gewisse Chance, dass er nicht oder zu wenig fruchtet. Gartenbauer tendieren dazu, Bäume zu stark und nach irgendwelchen ästhetischen Maßstäben zu schneiden, die vor allem neues Wachstum fördern. Das folgt natürlich auch einer ökonomischen Logik: Man wird mit Sicherheit auch im nächsten Jahr wieder zum Baumschnitt gerufen. Und am Obstbaum ohne Früchte ist natürlich der Baum, das Klima, der Boden, das Jahr, das Baumalter und schlimmstenfalls der Lehrling schuld.
- Und jetzt kommen wir zu den Bäumen, die blühen und dennoch keine oder zu wenig Früchte tragen. Das kann eine ganz einfache und logische Ursache haben: Der Baum hat geblüht, und die Blüte ist erfroren. Wie schon erwähnt wird die Obstblüte, so spektakulär sie ist, häufig übersehen. Der Baum blüht, ganz einsam und alleine, und natürlich sieht dann auch niemand den Frostschaden.
- Wenn Obstbäume blühen und keine Früchte tragen, liegt dies häufig an der Befruchtung, die einfach nicht stattgefunden hat. Die Frage nach dem passenden Befruchter ist eine regelrechte gärtnerische Obsession, die meiner Meinung nach viel zu häufig diskutiert wird. Ein englischer Gärtner beispielsweise fragt lange vor der Diskussion über Sorteneigenschaften und Geschmack nach dem geeigneten Befruchter. Das Vertrauen in die Natur scheint irgendwie verloren gegangen zu sein. SelbstUNfruchtbare Obstbäume, insbesondere Kernobst, benötigen einen Befruchter, da die Befruchtung nur mit dem Pollen einer anderen Sorte funktioniert. Diese natürliche Eigenschaft fördert die Vielfalt im Gegensatz zur Selbstbefruchtung und Inzucht. Bei Kernobst zeigt sich dieses Problem jedoch fast nie, da Insekten während der Blütezeit immer genügend Apfel- und Birnenpollen transportieren. Die natürliche Folge der Fremdbefruchtung, die Diversität, fördert wiederum die Diversität. Ein wahrlich schöner Regelkreis! Bei weniger häufig oder nur regional angebauten Obstarten wie Kirschen, Zwetschgen und teilweise Aprikosen führt die Selbstunfruchtbarkeit jedoch häufiger zu Ertragsausfällen. In solchen Fällen ist die Frage nach dem Befruchter durchaus berechtigt.
- Wenn der Baum blüht und auch ein Befruchtungsversuch stattfindet, ist es noch lange nicht sicher, ob Früchte entstehen: Zum Beispiel können bei Birnen nach der Befruchtung nasses und kaltes Wetter dazu führen, dass der Pollenschlauch nicht in die Blüte hineinwächst. Die eigentliche Befruchtung fällt aus, und die Frucht ebenso. Gerade Birnen können auf solche Situationen eigenwillig reagieren und dann doch noch – sozusagen zum Trotz – Früchte ansetzen, sogenannte parthenokarpe Früchte wie z.B. die langgezogenen, kernenlosen Conference, die Sie alle paar Jahre auch im Supermarkt finden. Parthenokarpe Früchte wachsen keusch, ohne Befruchtung.
- Im Juni entscheidet die Fruchtpflanze, ob sie ihre Früchte überhaupt ernähren kann, wie viele erwünscht sind, und lässt dann im Junifruchtfall den Überschuss einfach fallen. Das löst regelmäßig Alarmzustände bei Hobbygärtnern und bei uns eine Mailwelle aus, ist aber ein logischer Regulierungsmechanismus. Übrigens kann die Pflanze – aus unserer ziemlich beschränkten Sicht – auch mal falsch, sozusagen im Stress entscheiden und alle Früchte fallen lassen. Allerdings ist so eine Fehlreaktion eher selten, da sich das System Baum im Zweifelsfall eher fürs Leben, für die Fortpflanzung der Art entscheidet und unter Todesnot und Todesdrohung eher noch mehr Früchte ansetzt. Der Hochstammkrüppel, der nächstes Jahr das Zeitliche segnen wird, setzt im letzten Lebensjahr nochmals unzählige Früchte an… Wenn also ein jüngerer Baum streikt, hat er meist seine guten, uns aber leider nicht immer zugänglichen Gründe.
- Das ist jetzt zugegebenermaßen etwas weit hergeholt, aber irgendwie müssen die 10 Gründe ja auch voll werden. Essbare Früchte werden zur reinen Zierde. Ernte und Genuss fallen aus. Lassen Sie mich etwas weiter ausholen: Seit einigen Jahren fragen mich Kunden allen Ernstes, ob man denn die wunderschönen Zitrusfrüchte an den Zitrusbäumchen wirklich essen könne. Die Frucht wird also in der postgärtnerischen Gesellschaft zu einer Zierde, so wie der Apfel am Weihnachtsbaum zu einer Glaskugel geworden ist. Ein Unterschied bleibt jedoch: In die Zitrone kann ich zur Not noch beißen, den Saft der Orange doch noch genießen, die Schale der Kumquat zerbeißen – bei der Weihnachtskugel ist das nicht unbedingt anzuraten… Um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich kann und soll man die Zitrusfrüchte essen und genießen! Bei den Früchten müssen wir uns nicht mühsam und unter Zuhilfenahme lebenslanger Erfahrung zwischen Gutem und Schönem entscheiden, wir bekommen gratis und franko beides. Früchte sind schön UND gut. Das sollte nicht vergessen gehen.
ie Gefahr, dass die Knospen durch Spätfröste erfroren sind und sich somit nicht zu Blüten entwickeln können.
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