Den eigenen Orangenbaum zu beschneiden ist eine Pflegeaufgabe, die äußerst zufriedenstellend sein kann, wenn sie erfolgreich durchgeführt wird. Allerdings empfinden viele Menschen Unsicherheit, wenn es darum geht, die wertvollen Orangenbäume zu schneiden. In diesem Beitrag möchte ich daher einige Expertentipps geben, wie Sie Ihren Orangenbaum fachgerecht beschneiden können. Wenn Sie konkrete Fragen zum Schneiden haben, können Sie gerne einen Kommentar am Ende des Beitrags hinterlassen.
Den Orangenbaum schneiden – Gründe für den Schnitt
Wie so oft im mediterranen Garten macht es zunächst Sinn, nach dem Zweck des Schneidens zu fragen. Daher möchte ich euch nun zunächst Gründe für den Schnitt nennen. Ebenso werde ich euch Situationen aufzeigen, in denen ihr den Orangenbaum nicht schneiden solltet. Eine Leitlinie beim Schneiden des Orangenbaums lautet: Weniger ist mehr.
Warum ihr den Orangenbaum schneiden solltet:
Schneidemaßnahmen beim Orangenbaum sind sinnvoll, um
- Erkrankungen des Orangenbaums vorzubeugen
- Krankheiten und Schädlingsbefall zu bekämpfen
- den Orangenbaum in Form zu halten
- praktische Gründe wie zum Beispiel Platzbedarf auf eurer Terrasse zu berücksichtigen.
Dagegen solltet ihr den Orangenbaum nicht schneiden, um
- das Wachstum anzuregen
- Blüte und Frucht anzuregen und
- das Größenwachstum zu begrenzen.
Aus diesen Gründen ergeben sich der Erhaltungsschnitt, der Erziehungsschnitt und Schneideverbote beim Orangenbaum.
Den Orangenbaum schneiden – der Erhaltungsschnitt
Beim Erhaltungsschnitt unterstützen wir den Orangenbaum dabei, mit Erkrankungen, Verletzungen oder Schädlingsbefall umzugehen. Beim Erhaltungsschnitt werden
- abgestorbene
- absterbende
- verletzte
- oder von Krankheit und Schädlingsbefall betroffene
Pflanzenteile, Äste und Zweige entfernt. Wichtig beim Erhaltungsschnitt ist eine zügige Durchführung. Der Erhaltungsschnitt sollte daher unverzüglich nach dem Auftreten und der Feststellung des Problems erfolgen. Auf diese Weise könnt ihr die Ausbreitung von Schädlingen oder Pilzbefall eindämmen. Gleichzeitig erhaltet ihr Informationen darüber, ob der Befall gestoppt wurde.
Besonders wichtig beim Erhaltungsschnitt ist die Verwendung hygienisch sauberer Schneidewerkzeuge. Bei kleinen Ästen und Zweigen reicht eine Gartenschere. Für größere Äste ist eine Baumschere erforderlich. Die Werkzeuge können mit Alkohol, Brennspiritus oder Waschbenzin gereinigt werden.
Orangenbaum schneiden – der Erziehungsschnitt
Etwas anspruchsvoller als der Erhaltungsschnitt ist der Erziehungsschnitt beim Orangenbaum. Erziehung bedeutet, dass ihr durch das Beschneiden der Krone eine Form gebt, die euren Vorstellungen entspricht. Der Erziehungsschnitt macht jedoch nur Sinn, wenn zuvor nennenswertes Wachstum erfolgt ist. Daher lautet die erste Regel beim Erziehungsschnitt: Schneidet niemals in die Substanz eures Orangenbaums. Beim Erziehungsschnitt werden also nur die Triebe entfernt oder gekürzt, die zuletzt hinzugewachsen sind.
Unterstützung der äußeren Form der Krone
Orangenbäume wachsen kompakt und lassen sich zu besonders schönen Kronen formen. Dabei spielt die äußere Form, also der Umriss der Krone, eine entscheidende Rolle. Klassische Formen beim Orangenbaum sind die Kugel und die Pyramide. Andere Formen wie beispielsweise Würfel sind ebenfalls möglich, entsprechen jedoch nicht unserem ästhetischen Empfinden.
Kronenschnitt bei einem großen Baum
Wenn Sie einen Orangenbaum kaufen möchten, sollten Sie bereits bei der Anschaffung darauf achten, dass die Krone eine schöne Form hat. Dies ist bei einem größeren Baum einfacher zu erreichen als bei einem kleinen Orangenbäumchen. Kleine Pflanzen müssen zunächst nennenswertes Wachstum und Größe erreichen, damit sie in die gewünschte Form geschnitten werden können. Bei den großen Pflanzen ist der Erziehungsschnitt vergleichsweise einfach. Sie müssen lediglich darauf achten, dass die Krone ihre äußere Form behält.
Kronenschnitt bei einem kleineren Orangenbäumchen
Bei einem kleineren Orangenbäumchen geht es dagegen zunächst darum, dass es ordentlich wächst. Sie müssen sich also um einen optimalen Standort, die richtige Pflege und eine geeignete Überwinterung bemühen. Dies sind die Maßnahmen, um ordentliches Wachstum beim Orangenbaum zu erreichen. Wenn dies erfolgt und der Orangenbaum im Frühjahr austreibt, können Sie im nächsten Winter ganz moderate Korrekturen an der äußeren Form der Krone vornehmen. Dabei ist wichtig zu beachten, dass Sie niemals den gesamten Neuaustrieb abschneiden sollten, sondern immer nur den Teil, der nicht Ihrer Vorstellung von der äußeren Kronenform entspricht. Bei langsamen Wachstum ist also Geduld gefragt.
Einkürzen von Trieben
Das Einkürzen von Trieben erfolgt gezielt und nur bei einzelnen Trieben. Da die Blüte beim Orangenbaum an den jungen Trieben und an den Triebspitzen erfolgt, wäre die Entfernung von vielen Trieben fatal. Suchen Sie also nur einzelne Triebe aus, die Sie leicht einkürzen können. Kandidaten für solche Kürzungen sind vor allem nachgeordnete Nebentriebe oder sehr schnell gewachsene Wasserschosse. Das sind unfruchtbare Triebe, die gerade im Hochsommer innerhalb weniger Wochen zu einer nennenswerten Länge heranwachsen. Diese Triebe sollten Sie so schnell wie möglich teilweise entfernen. Sie kosten den Baum nur Kraft, ohne dass an ihnen Blüten zu erwarten sind.
Unterstützung der inneren Form der Krone
Bei der inneren Form der Krone geht es um die Struktur und das Verhältnis der einzelnen Äste im Inneren der Orangenbaumkrone. Hier gilt beim Orangenbaum das Gleiche wie bei anderen Gehölzen: Die Orangenbaumkrone sollte ein bis zwei Leittriebe haben. Daneben wachsen kürzere und weniger starke Nebentriebe. Wuchernde und sich kreuzende Triebe werden entfernt. Dabei wird stets der schwächere Trieb abgeschnitten. Insgesamt sind die Schneidearbeiten im Kroneninneren nicht sehr umfangreich, da Orangenbäume recht harmonisch nach außen wachsen.
Schneideverbote beim Orangenbaum
Insgesamt wächst der Orangenbaum hierzulande eher langsam. Daher sollten alle Schneidemaßnahmen zurückhaltend sein. Insbesondere gravierende Rückschnitte, bei denen gesundes grünes Laub ohne Not entfernt wird, sind tabu. Hat ein Orangenbaum aufgrund falscher Überwinterung die Blätter verloren, bedeutet das noch nicht zwangsläufig, dass er einen Rückschnitt benötigt. Ein Rückschnitt ist nur dann sinnvoll, wenn die durch das Laub befreiten Äste aufgrund von Pflegefehlern wie Staunässe abgestorben sind. Wenn die Äste jedoch noch vital sind, dürfen sie nicht abgeschnitten werden, da aus ihnen der Wiederaustrieb erfolgen kann.
Ob ein Ast oder Zweig abgestorben ist, finden Sie mit dem sogenannten Vitalitätstest heraus. Dabei knibbeln Sie ein wenig Rinde vom Ast, Zweig oder Stamm ab. Wenn es dahinter grün ist, führen die Leitbahnen hinter der Rinde noch ausreichend Feuchtigkeit, so dass ein Austrieb möglich ist. Ist es jedoch hinter der Rinde trocken und holzig, dann ist ein Wiederaustrieb sehr unwahrscheinlich. Der Ast oder Zweig kann also abgeschnitten werden.